Online-Bezahldienste und der digitale Nachlass: Ein rechtliches Grauland

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Ob PayPal, Apple Pay, Google Pay oder Klarna – Online-Bezahldienste sind aus dem modernen Zahlungsverkehr nicht mehr wegzudenken. Diese Dienste speichern nicht nur Zahlungsdaten, sondern oft auch Guthaben oder laufende Verpflichtungen. Sie bieten schnelle, bequeme und oft sichere Transaktionen, werfen aber auch eine Reihe juristischer Fragen auf.

Gesetzliche Grundlagen: Erbrecht und Vertragsrecht

Nach deutschem Recht gilt der Grundsatz der Gesamtrechtsnachfolge (§ 1922 BGB): Mit dem Tod einer Person gehen deren Vermögenswerte – also auch Guthaben oder Verbindlichkeiten aus Online-Bezahldiensten – auf die Erben über.

Problematisch ist jedoch der Zugang zu diesen Konten, da viele Bezahldienstleister in ihren Allgemeinen GeschäftsbedingungenRegelungen getroffen haben, die eine automatische Sperrung oder Löschung vorsehen. Manche Anbieter argumentieren, dass ein Konto nicht vererbt werden kann, weil ihm eine höchstpersönliche Vereinbarung zwischen dem Nutzer und dem Unternehmen zugrunde liege.

In der Rechtsprechung gibt es hierzu erste Urteile: Der Bundesgerichtshof entschied 2018 im Fall eines Facebook-Kontos, dass digitale Konten grundsätzlich vererbbar sind. Diese Entscheidung könnte auch für Bezahldienste richtungsweisend sein, allerdings ist die konkrete Umsetzung oft noch unklar.

Probleme für Erben

Ein weiteres Problem ergibt sich aus den Datenschutzbestimmungen, die von vielen Zahlungsdienstleistern als Argument für die Verweigerung des Zugriffs herangezogen werden. Anbieter berufen sich darauf, dass sensible Kundendaten auch nach dem Tod geschützt bleiben müssten. Tatsächlich gilt die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) jedoch nur für lebende Personen, sodass nach deren Tod vorrangig die erbrechtlichen Regelungen greifen müssten. Dennoch kommt es immer wieder zu Konflikten, da einige Bezahldienstleister den Zugriff auf Transaktionshistorien oder Kontodaten verweigern. Dies stellt Erben vor große Herausforderungen, insbesondere wenn es darum geht, Guthaben einzufordern oder offene Zahlungen zu klären. In einigen Fällen erfordert die Freigabe von Guthaben oder Kontoauszügen langwierige Nachweise oder gerichtliche Auseinandersetzungen. Da bislang keine klare gesetzliche Regelung existiert, bleibt die Durchsetzung erbrechtlicher Ansprüche häufig vom Einzelfall abhängig.

Handlungsempfehlungen

Um solche Probleme zu umgehen, ist es für Nutzer ratsam, frühzeitig Vorkehrungen für ihren digitalen Nachlass zu treffen. Eine Möglichkeit besteht darin, alle Zugangsdaten sicher zu hinterlegen, etwa in einem Passwort-Manager oder einem verschlüsselten Dokument, das einer Vertrauensperson übergeben wird. Zusätzlich kann eine digitale Vollmacht erstellt werden, die einer bestimmten Person Zugriff auf Online-Bezahldienste und andere digitale Finanzkonten gewährt. Besonders sinnvoll ist es, testamentarische Regelungen zu treffen, in denen festgelegt wird, wie mit digitalen Finanzkonten verfahren werden soll. 

Erben sollten sich im Todesfall eines Angehörigen möglichst schnell um den digitalen Nachlass kümmern. Es ist ratsam, Anbieter umgehend zu informieren, um eine unbefugte Sperrung oder Löschung von Konten zu verhindern. Viele Zahlungsdienstleister verlangen einen offiziellen Erbnachweis, etwa eine Sterbeurkunde oder einen Erbschein, bevor sie Zugriff gewähren oder eine Auszahlung von Guthaben ermöglichen. Zudem sollten bestehende Zahlungsverpflichtungen geprüft und gegebenenfalls gekündigt werden, um finanzielle Verluste zu vermeiden. Falls ein Anbieter den Zugriff verweigert, kann es sinnvoll sein, juristischen Beistand in Anspruch zu nehmen.